Handwerkzeughersteller Stahlwille präsentierte auf der Eisenwarenmesse 2022 eine Vielzahl innovativer Lösungen – und informierte die Messebesucher mit einem Anwenderbericht über die Werkerführung bei einem Traktorhersteller.
Neu im Sortiment von Stahlwille sind fünf Elektronikzangen für anspruchsvolle Arbeiten mit elektronischen oder feinmechanischen Bauteilen und Komponenten. Im Detail sind das ein Elektronik-Seitenschneider, ein Mini-Seitenschneider mit kleinerem Schneidkopf, ein Vornschneider und ein Schrägschneider, jeweils mit Fase und polierten Köpfen. Ergänzt wird das Programm mit einer Elektronik-Flachrundzange. Diese auch als Kettenzange bekannte Version dient zum Greifen, Führen und Positionieren von filigranen Bauteilen.
Elektronikzangen von Stahlwille
Alle neuen Werkzeuge sind ausgestattet mit grün-schwarzen, ölbeständigen 2-Komponenten-Handgriffen. Ihre ergonomische Form und der Materialmix mit harter, grüner und weicher, schwarzer Komponente bieten beste Voraussetzungen für ein sicheres Handling unter allen Bedingungen. Zusammen mit der optimierten Schneidgeometrie reduzieren sie den Kraftaufwand und verbessern das Schneidverhalten für kompromisslos saubere Schnitte. Die schlanken Zangenköpfe, vor allem des Mini-Seitenschneiders, ermöglichen ein einfaches Hindurchfassen in engen Arbeitsumgebungen.
Für höchste Präzision bei gleichzeitig langer Lebensdauer sorgt die Konstruktion der Zangen mit durchgestecktem Gelenk. Dabei wird ein Zangenschenkel durch den geschlitzten zweiten Schenkel geschoben. Die Schneiden sind induktiv gehärtet bis auf 62 HRC. Alle neuen Zangen besitzen ein Gelenk mit Doppelblattfeder, die für besonders weiche, leichtgängige Bewegungen sorgt. Die Schneidzangen sind DIN ISO 9654-konform. Die Flachrund-Zange entspricht der DIN ISO 9655. Die fünf Elektronikzangen werden von Stahlwille einzeln angeboten und auch als praktischen Satz in einer TCS-Einlage. Diese sorgt für schnelle Übersicht und sichere Aufbewahrung.
1/2 “ Teleskopknarre
Mit der Teleskopknarre 516 erweitert Stahlwille sein ½“-Knarren-Sortiment. Das neue Werkzeug „Made in Germany“ wurde vor allem für den Einsatz im Nutzfahrzeugbereich sowie für Verschraubungen an Industrieanlagen entwickelt. Hier müssen Schrauben häufig auch mit höheren Kräften angezogen werden. Die neue Knarre entspricht der DIN 3122/ISO 3315 und ist dimensioniert für Drehmomente bis 512 Nm. Damit empfiehlt sie sich für professionelle Anwender, die häufig mit hohen Drehmomenten arbeiten. Dank teleskopierbarer Schaftlänge lässt sie sich dabei besonders flexibel einsetzen – auch bei schwierigen Platzverhältnissen mit eingeschränktem Bewegungsspielraum.
Der Schaft der Knarre kann in fünf Längen von 410 mm bis 630 mm eingestellt werden, das Raster beträgt jeweils 55 mm. Die variable Baulänge erschließt zusätzliche Anwendungsmöglichkeiten, wo der Einsatz einer Knarre nicht oder nur eingeschränkt möglich ist. Der Auszug der Verlängerung läuft mit Gleitlager und Anschlagsicherung schnell und sicher. Die Anpassung der Länge erfolgt komfortabel über eine Schaltwippe am vorderen Schaftende.
Der Knarrenantrieb besitzt 36 Zähne und überträgt DIN-geprüft hohe Anzugskräfte bis 512 Nm absolut zuverlässig auf Schrauben und Muttern. Der Umschalter für Recht- und Linkslauf ist auf der Oberseite des Kopfes leicht versenkt platziert. Versehentliches Umschalten, etwa beim Kontakt mit Bauteilen wird so vermieden.
Die ½“-Vierkantaufnahme kann mit allen gängigen Steckschlüsseleinsätzen und Bits versehen werden. Der Zwei-Komponenten-Ballengriff der Teleskopknarre 516 liegt optimal in der Hand – eine wichtige Voraussetzung für längeres, ermüdungsfreies Arbeiten. Die verwendeten Materialien bieten auch dann sicheren Halt, wenn die Hände verschmutzt oder feucht sind. Zudem sind die Griff-Komponenten widerstandsfähig gegenüber Ölen, Fetten, Bremsflüssigkeiten und Skydrol, einer Hydraulikflüssigkeit, die im Luftfahrtbereich eingesetzt wird.
Anwenderbericht zur Werkerführung
Leistungsfähige, einfach zu bedienende und zuverlässige Traktoren mit niedrigen Betriebskosten – dafür steht der Landmaschinenhersteller CNH Industrial. Am Standort St. Valentin bei Linz montiert das Unternehmen Traktoren seiner Marken Case, Steyr und auch eine Baureihe von New Holland. Dabei setzt das Unternehmen bei manuellen Schraubvorgängen auf Systeme zur elektronischen Werkerführung. Kürzlich wurden vier neue Arbeitsplätze in Betrieb genommen, bei denen Drehmomentwerkzeuge von Stahlwille in das Werkerführungssystem ProTight eingebunden sind.
Niklas Doschko, Systemingenieur bei CNH in St. Valentin erklärt, warum Arbeitsplätze mit einer prozessgesteuerten Werkerführung in der Produktion zunehmend wichtiger werden: „Immer häufiger ist bei uns die Aufzeichnung von Daten für durchgängig nachvollziehbare und sichere Produktionsprozesse und für die lückenlose Rückverfolgung von Arbeitsschritten erforderlich.“ Das gilt vor allem für sicherheitsrelevante Baugruppen an Fahrzeugen. Ein durchgängig dokumentierter Produktionsprozess ist aber vor allem ein positives Argument gegenüber Kunden. „Wir produzieren Qualität, anstatt sie nachträglich zu prüfen. Denn der Prüfprozess ist bereits Teil des Schraubvorganges“, erklärt Doschko.
Einfache Werkerführung reduziert Fehlerquellen
Zum Einsatz kommt die neue Lösung mit den Stahlwille-Produkten bei der Montage von hydraulischen Lenkleitungen zwischen der Kabine und dem Lenkgetriebe sowie bei der Vormontage der Lenkzylinder. Dabei sind an jedem Arbeitsplatz zwischen acht und zwölf Verschraubungen auszuführen – jeweils in einer definierten Reihenfolge und mit unterschiedlichen Drehmomenten von bis zu 195 N·m. „Der Start der Werkerführung ist sehr einfach. Der Anwender muss nichts anderes tun, als die Auftragsnummer zu scannen“, berichtet der Systemingenieur. Auf All-in-One-PCs, die direkt neben der Produktionslinie an den entsprechenden Arbeitsstationen installiert sind, läuft die Werkerführung ProTight. Hier sieht der Werker auf dem Monitor genau die Abfolge der Verschraubungen und das erforderliche Drehmoment auf einer fotorealistischen Abbildung der Schraubsituation.
Daten in Echtzeit und ein vertrauter Klick
Als Werkzeug kommen elektromechanische Drehmomentschlüssel Manoskop 766 der DAPTIQ-Reihe zum Einsatz. Diese können Daten bidirektional austauschen. Die erforderlichen Drehmomentwerte werden von der Software ProThight über ein Funkmodul an den Drehmomentschlüssel übertragen, der sich dann automatisch und prozesssicher auf den jeweiligen Schraubfall einstellt. Die korrekte Verschraubung wird in Echtzeit mit Zeitstempel und tatsächlich angezogenem Drehmoment an die Software zurückgemeldet. Die erfassten Daten werden anschließend im System weiterverarbeitet und zur Dokumentation abgelegt. Der Schraubfall wird zur einfachen und sicheren Kontrolle für den Werker zusätzlich auf dem Monitor visualisiert. Fehlverschraubungen sind mit diesem System nahezu ausgeschlossen. Die Software gibt nur eine korrekte Verschraubung frei.
„Der Drehmomentschlüssel Manoskop 766 hat für uns einen entscheidenden Vorteil bei manuellen Verschraubungen“, sagt Doschko. „Das Werkzeug meldet das Erreichen des Zieldrehmomentes mit dem vertrauten, typischen Klick eines mechanischen Schlüssels.“ Zusätzlich gibt es auch eine LED-Ampel und eine digitale Anzeige im Display. „Doch in lauten Produktionsumgebungen und wenn der Blick auf das Werkzeug durch Bauteile verdeckt wird, verlassen sich unsere Mitarbeiter vor allem auf den deutlich wahrnehmbaren Klick. Das konnte uns keine andere Lösung bieten.“
Schlankere Prozesse mit dokumentierter Qualität
Die Kombination aus Stahlwille Werkzeug und der Software ProTight sorgt nicht nur für eine durchgängige Prozesssicherheit, sie ermöglicht es auch, Arbeitsabläufe schlanker und zugleich komfortabler zu gestalten. So entfallen bisher erforderliche Arbeitsschritte zur Kontrolle und Dokumentation der Verschraubungen. Zudem können die Mitarbeiter flexibler als bisher eingesetzt werden, denn eine aufwändige Einarbeitung ist bei diesem System nicht erforderlich.
Zwar gab es bereits ein anderes System zur Werkerführung im Unternehmen. „Dieses war aber zu unhandlich, zu kompliziert und deshalb nicht besonders beliebt“, erinnert sich Doschko. Umso positiver fällt das Urteil der Mitarbeiter aus, die an den neuen Workstations arbeiten. „Komfort und Funktionalität überzeugen auf ganzer Linie.“
Einfache und schnelle Installation
Die Installation und Inbetriebnahme der neuen Arbeitsplätze erfolgte ohne großen internen Aufwand und innerhalb kurzer Zeit. Laut Alexander Grosser, Projektmanager Industrie 4.0 bei Stahlwille, werden für die Einrichtung einer ersten Station etwa zwei bis drei Tage beim Kunden benötigt. „Allerdings gehören dazu viele Arbeitsschritte, die nur einmal erforderlich sind.“ Der Zeitaufwand bei Folge-Installationen reduziert sich erheblich, denn das System ist sehr einfach skalierbar. Beim Kunden wird dann oft weniger als ein Arbeitstag benötigt. Und einmal eingerichtet, läuft alles praktisch wie von selbst.
Weitere Informationen: www.stahlwille.de