Die Bundesregierung hat Maßnahmen angekündigt, um die Bau- und Wohnungswirtschaft zu beleben. Was steht im 14-Punkte-Plan zur Förderung von bezahlbarem Wohnraum?
Die aktuelle Bundesregierung strebt an, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen, darunter 100.000 mit öffentlicher Förderung. Gleichzeitig räumt sie ein, dass dieses Ziel in diesem Jahr nicht erreicht werden kann. Gründe hierfür sind:
- Gestiegene Baumaterialkosten
- Erhöhte Zinsen
- Personalmangel
Trotz eines Vorlaufs von 880.000 Baugenehmigungen habe die Bau- und Wohnungswirtschaft mit Bauvorhaben gezögert.
Um die Bauwirtschaft zu stabilisieren und Arbeitsplätze zu sichern, will die Bundesregierung notwendige Schritte unternehmen:
- Bauprozesse beschleunigen
- Bürokratie reduzieren
- Digitalisierung fördern
Ziel dieser Maßnahmen sei es,
- Investitionen in bezahlbaren und klimagerechten Wohnraum zu fördern sowie
- Das Bauen schneller und innovativer zu gestalten.
14-Punkte-Plan zur Förderung des Wohnungsbaus
Degressive AfA
Eingeführt werden soll eine degressive AfA in Höhe von jährlich 6 Prozent für neu errichtete Wohngebäude. Eine Baukostenobergrenze gibt es nicht. Gefördert werden Gebäude, die mindestens dem Effizienzstandard EH 55 entsprechen. Die degressive AfA gilt für Wohngebäude, deren Baubeginn nach dem 30. September 2023 und vor dem 1. Oktober 2029 erfolgt.
Effizienzhaus EH 55 statt EH 40
Seit dem 1. Januar 2023 gilt der Energiestandard EH 55 für Neubauten. Angesichts der aktuell schwierigen Rahmenbedingungen in der Bau- und Wohnungswirtschaft wird das als künftiger Neubaustandard geplante EH 40 bis auf weiteres ausgesetzt.
Bauvorschriften lockern
Der Bund wird in Städten und Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten den Bau von bezahlbarem Wohnraum vereinfachen. Dazu wird eine Sonderregelung geschaffen, die bis zum 31. Dezember 2026 gelten soll. Eine vergleichbare Sonderregelung existiert bereits in Form des § 246 Absatz 14 Baugesetzbuch (BauGB), der den beschleunigten Bau von Flüchtlingsheimen regelt. Letztlich geht es darum, Baugenehmigungen zu beschleunigen und Bauvorschriften zu lockern.
Sozialen Wohnungsbau fördern
Die Bundesregierung plant, von 2022 bis 2027 insgesamt 18,15 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau bereitzustellen. Dazu geben die Länder nochmals rund 1,50 Euro für jeden Euro des Bundes dazu. Insgesamt sind das dann etwa 45 Milliarden Euro bis 2027.
Förderung für Klimafreundliches Bauen ausgeweitet
Die Bundesregierung plant, die Förderung der beiden KfW-Neubauprogramme Klimafreundlicher Neubau (KFN) und Wohneigentum für Familien (WEF) auszuweiten. So hebt sie beim WEF die Kredithöchstbeträge um 30.000 Euro an. Ein zinsvergünstigtes Darlehen gibt es künftig für Familien mit einem zu versteuernden Einkommen von bis zu 90.000 Euro/Jahr, statt bisher 60.000 Euro/Jahr.
Jung kauft Alt
Den Kauf von renovierungsbedürftigen Gebäuden durch junge Familien will die Regierung ebenfalls ab 2024/2025 fördern. Die nötigen Mittel bis 2027 kommen aus dem Klima- und Transformationsfonds, ähnlich wie bei der Förderung Klimafreundlicher Neubau/WEF. Die Abwicklung soll über die KfW erfolgen.
Umnutzung
Deutschlandweit gibt es Leerstand bei Gewerbeimmobilien. Bei einer entsprechenden Umnutzung sieht das Bundesinstitut für Bau, Stadtentwicklung und Raumordnung (BBSR) ein Potenzial von bis zu 235.000 neuen Wohneinheiten. Die Nutzung solcher Gewerbeimmobilien zu Wohnzwecken spart Fläche, Baustoffe und wäre, sofern sie mit energetischen Sanierungen einhergeht, ökologisch vorteilhaft. Hierzu steht 2024 und 2025 ein zusätzliches KfW-Förderprogramm mit einem Volumen von insgesamt 480 Millionen Euro zur Verfügung.
„E“ wie Einfach
Bauen soll einfacher, schneller und günstiger werden. Möglich machen soll dies der Gebäudetyp E, welcher von teuren Standards abweicht. Die Länder planen entsprechende Änderungen in den Bauordnungen. Die Bundesregierung gibt bis Jahresende eine Leitlinie Gebäudetyp E heraus, um rechtssicheres Bauen zu erleichtern.
Günstige Baugrundstücke für Kommunen
Die vergünstigte Abgabe von Grundstücken der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) für den Sozialen Wohnungsbau wird bis Ende 2029 verlängert. Sie schafft damit Anreize zur Entwicklung von Bauland durch die Kommunen.
Lärm-Regeln lockern
Die Regierung will die Lärmgrenzen für Wohngebiete, die neben Industrie- oder Gewerbegebieten liegen, lockern. Hierzu wird die TA Lärm mit einer sogenannten Experimentierklausel ergänzt. Jede Stadt oder Gemeinde kann selbst entscheiden, ob sie mitmacht.
Speed-Bonus für Heizungen und energetische Sanierung
Die Bundesregierung unterstützt Hauseigentümer, Wohnungsunternehmen und Vermieter beim Einbau einer neuen klimafreundlichen Heizungsanlage – abhängig vom Einkommen – mit bis zu 75 Prozent. Vorgesehen ist zudem ein Klima-Bonus (Speed-Bonus) für den Austausch besonders alter Heizungen. Dieser erhöht sich in 2024 und 2025 von 20 auf 25 Prozent und wird 2026 und 2027 um jeweils 5 Prozent und danach um weitere 3 Prozent gesenkt.
Die Fördersätze für die energieeffiziente Sanierung, derzeit 15 Prozent als Zuschuss und 20 Prozent steuerliche Abschreibung, sollen in den Jahren 2024 und 2025 zeitlich befristet jeweils auf 30 Prozent angehoben werden.
Vereinfachter Hauskauf
Die Bundesregierung möchte die Nebenerwerbskosten beim Immobilienkauf senken. Eine Möglichkeit dazu wäre es, die Steuern beim Erwerb von Immobilien (Grunderwerbsteuer) zu reduzieren. Die Regierung hat den Bundesländern einen Vorschlag hierzu unterbreitet. Viele Bundesländer sind dagegen, da die Grunderwerbssteuer ausschließlich den Ländern und Gemeinden zufließt.
Beschleunigung im Wohnungsbau
Die Regierung möchte den Wohnungsbau schneller machen und hat dafür Maßnahmen ergriffen. Dank neuer digitaler Regeln sind Baugenehmigungen jetzt innerhalb von einem Monat statt innerhalb von drei Monaten fertig. Die Regierung strebt eine weitere Beschleunigung der Genehmigungsprozesse an und plant in diesem Jahr einen Beschleunigungspakt mit den 16 Bundesländern. Bei einem Treffen im November 2023 wollen die Länder darüber sprechen:
- Einführung bundesweit einheitlicher Genehmigungen für bestimmte Bautypen
- Festlegung eines 3-Monats-Limits für alle Genehmigungsprozesse bis 2026
- Vereinfachung des Ausbaus von Dachgeschossen
- Schaffung einheitlicher Parkregeln, insbesondere bei Erweiterungen von Gebäuden
Wohngemeinnützigkeit fördern
Nächstes Jahr führt die Bundesregierung die Neue Wohngemeinnützigkeit ein. Das Ziel: langfristig günstige Mietpreise sowohl in neuen als auch in bestehenden Wohnungen garantieren. Um das zu erreichen, gibt es finanzielle Unterstützungen und steuerliche Vorteile für Investoren.
Fazit
Die Bundesregierung plant, die Bau- und Wohnungswirtschaft durch verschiedene Maßnahmen zu fördern. Kernziele sind der Bau von 400.000 Wohnungen jährlich und die Beschleunigung von Bauprozessen. Der 14-Punkte-Plan zur Wohnraumförderung umfasst folgende Themen:
- Bauprozesse vereinfachen und digitale Lösungen nutzen.
- Neue Förderung durch degressive AfA für Neubauten.
- Energiestandard EH 55 als Neubaunorm und Aussetzung des EH 40.
- Lockerung der Bauvorschriften in Städten und Kommunen.
- Investition von 45 Mrd. Euro in sozialen Wohnungsbau bis 2027.
- Erweiterung der Förderprogramme für klimafreundliches Bauen.
- Unterstützung für den Kauf sanierungsbedürftiger Gebäude.
- Umnutzung von Gewerbeimmobilien zur Wohnraumgewinnung.
- Einführung des vereinfachten Gebäudetyps E.
- Bereitstellung günstiger Baugrundstücke für Kommunen.
- Anpassung der Lärmregelungen.
- Anreize für den Einsatz klimafreundlicher Heizsysteme.
- Senkung von Nebenerwerbskosten beim Immobilienkauf.
- Beschleunigung der Baugenehmigungsprozesse.
Das übergeordnete Ziel ist, bezahlbaren und klimagerechten Wohnraum zu schaffen.
Download
Foto und Grafik: Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen
1 Kommentar
[…] Eine nachhaltige Lösung kann dieser nur durch Investitionen in bezahlbaren Wohnraum und eine Neuausrichtung der Wohnungspolitik […]